Ode an den Herbst
Oh du Herbst.
Du bist autumn, automne, otono, autunno.
Du knallst Farbe ins Blätterwerk und wirfst es dann einfach ab.
Bringst mit steifer Brise aus Nord-Süd-Nord Reisepläne durcheinander.
Du stehst für Hendl, Dirndl, Festbräu und Dicke-Backen-Musik.
Du bist die Zeit des Wandels, der Übergang von Sommerhitze zu Winterkälte.
Du bist die Zeit mieser Muscheln nach der R-Regel.
Du stolperst über Stoppelfelder, beim Versuch, Drachen steigen zu lassen - Wind wäre genug da.
Du lässt T-Shirts im Schrank und holst die Fleecechen hervor.
Dicke Socken am Abend und erste Dominosteine, als Vorgeschmack auf "oh du fröhliche".
Du bringst Kürbis, Zwiebeln, Lauch, Käse, Speck und Träubchen auf den Teller.
Du lässt Füße durch`s Laub rascheln, lässt Igel Winterquartiere bauen und Eichhörnchen Nüsse verbuddeln, die sie nie mehr wiederfinden.
Du bist dieZeit der Herbstbepflanung, des schlechten Gewissens, wenn das Grabgesteck vom letzten Jahr verdorrt nach der Biotonne ruft.
Du bist die Zeit des Hochnebels am Morgen und des Tiefnebels am Abend.
Du bist die Zeit des Speckschichtaufbaus zur Isolierung kälteempfindlicher Körperbereiche.
Du bringst uns den Blues, der uns durch den Winter begleitet.
Über unsere Köpfe hinweg lässt du die Zugvögel nach Süden fliegen.
Du bist die Zeit der Kartoffelfeuer und des verbrannt gebutterten Geschmacks.
Aus Kastanien, Nüssen, Hölzchen und Stöckchen lässt du neue Körperwelten entstehen.
Du bist die Zeit der Zimtschnecken und heißen Schokolade, wärmend nach nasskaltem Draussensein.
Du bist die Zeit der Bücherstapel, Leselampen, Wolldecken und knisternden Kaminfeuer.
Du lässt uns wandern im Farbenrausch, Pilze finden, die wir nicht suchen und lieber auch nicht verspeisen.
Wenn ich`s recht bedenke, bist du meine Lieblingsjahreszeit, auch wenn es heißt: duster wird`s, Kerzen raus, Licht an.
Denn letztendlich bist du Herbst die Zeit, in der der Blick durch Fensterscheiben mir zeigt, dass es auch im Nachbarhaus Menschen und Wärme gibt. Gut zu wissen.